Entscheidendes EuGH-Urteil für Tausende Kläger: Wer ein Auto mit unzulässiger Abgastechnik hat, kann leichter Schadenersatz verlangen.
Luxemburg – Dieses Urteil haben Zigtausende Autobesitzer in Europa sehnlichst erwartet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat gestern entschieden, dass die Autohersteller im Skandal um manipulierte Abgaswerte auch dann haften könnten, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt haben.
Betroffene im Dieselskandal haben nun mit dem EuGH-Urteil im Rücken deutlich höhere Chancen, ihre Ansprüche gegenüber Autobauern durchzusetzen. Mit dem Urteil bestätigt der EuGH, dass Käufer einen Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn bei ihrem Fahrzeug ein unzulässiges „Thermofenster“ verbaut ist. Thermofenster ist eine Software, die bei bestimmten Temperaturen die Abgasreinigung drosselt.
Auch in Österreich sind viele Verfahren gegen verschiedene Autohersteller – darunter 16 Sammelklagen des VKI gegen VW – anhängig. ,,Geschädigte Autokäufer müssen den Autoherstellern nun keinen Vorsatz mehr nachweisen“, erklärt der Tiroler Rechtsanwalt Martin Moser, der zahlreiche Kläger vertritt. Vom eingeklagten Rückkaufpreis können Autohändler oder die Hersteller auch kein zu hohes Nutzungsentgelt abziehen.
,,Damit wird es unmöglich werden, den vom Autohersteller zurückzuzahlenden Kaufpreis über den Abzug des Benützungsentgelts unter den Marktpreis oder unterhalb von null abzusenken“, so Moser: ,,Unter Umständen müssen nun die Autohersteller die alten Fahrzeuge zurückkaufen und 4 Prozent Zinsen pro Jahr an die geschädigten Verbraucher zahlen.
Damit können enorme Summen vor allem bei teureren Fahrzeugen und älteren Baujahren entstehen.“ Der EuGH habe auch festgehalten, dass der Autohersteller mit der Ausstellung des Typenscheins garantiert und dass die EU-Verordnungen und die Grenzwerte im rechtlichen Rahmen eingehalten werden. ,,Auch das haben die Hersteller laufend bestritten“, so Moser.
Hintergrund des EuGH-Verfahrens war eine Schadenersatzklage aus Deutschland gegen Mercedes-Benz wegen eines Thermofensters. Mercedes gab sich nach dem Urteil gelassen.
Betroffene Mercedes-Autos· ,,können nach entsprechenden Software-Updates dauerhaft weiter uneingeschränkt genutzt werden“. Laut Rechtsanwalt Moser hingegen habe der EuGH auch festgehalten, dass Software-Updates unzumutbar seien. (mas,APA)